Kryot (AUT)17.04. - 25.06.2009

Kryot arbeitet spontan: Ein konkreter Ort liefert ihm ausreichend Ideen und Inspiration. Skizzen zu verwenden oder Bildmotive zu planen, die in den Außenraum übertragen werden, erscheint ihm eher unnötig. Die oft einfachen oder kleinteiligen Eingriffe an verlassenen und verkommenen Plätzen, an Ein- und Übergängen sowie in räumlichen Zwischenbereichen abseits der „Halls of Fame“ zeichnen sich daher durch ihren ortspezifischen und eigenwilligen Charakter aus.
Mit seinen Anfängen Mitte der 1990er Jahre zählt Kryot zur ersten großen Generation des Graffiti-Writings in Österreich. 1996 besuchte er den legendären „Wildstyle Shop“ in Berlin – einen der ersten Shops für Writing-Zubehör, untergebracht in einem abgelegenen Container, dessen Angebot ihn stark beeindruckte. Zu dieser Zeit musste er noch extra verreisen oder Bestellungen ins Ausland schicken, um an aktuelle Magazine mit Abbildungen aus den USA oder Material zum Sprayen zu kommen. Damals beschäftigte sich Kryot im klassischen Writing-Stil mit der Gestaltung der Buchstaben seines Namens, den er, auf der Suche nach einem möglichst einzigartigen Wort, vom Albumtitel einer Hip-Hop-Gruppe abgeleitet hatte. In zahlreichen Kollaborationen mit anderen Künstlerinnen und Künstlern und besonders in der Zusammenarbeit mit Mamut, mit dem er 1999 das Kollektiv Cancontrollers gründete, entwickelte er seinen individuellen Stil weiter. Ging es anfangs vor allem darum, die Bild-Characters von Mamut mit den Style-Schriftzügen von Kryot zu verbinden, arbeiteten sie später mehr an der gemeinsamen Entwicklung von Motiven. Der Austausch von Meinungen und Erfahrungen zur Graffitikultur prägte dabei Kryots kritische Haltung gegenüber weit verbreiteten und festgefahrenen Klischees, Codes oder allgemein akzeptierten „Regeln“ bei der Produktion von Graffiti. So lehnt er durch die immer stärker gewordene Standardisierung des Materials typisch gewordene Techniken, wie den Einsatz bestimmter Sprühaufsätze und eigens hergestellter Sprayfarben sowie die inzwischen auch kommerziell verwendeten grafischen Schemata, ab. Ihnen setzt Kryot seine unmittelbar vor Ort entstandenen amorphen, abstrakten und mehrdeutigen bunten Formen entgegen. Seit 2002 unternahm er mehrere Reisen nach Brasilien und Venezuela, wo er eine neue Vielfalt verwendbarer Materialien und Motive und eine künstlerische Freiheit außerhalb des Graffiti-Mainstreams kennen lernte. Sie prägten seinen Stil und brachten ihn auf die Verwendung von Latex- und Acrylfarben.
Einige Writer der 1990er Jahre arbeiten heute vor allem in Innenräumen, auf Leinwänden oder nach Auftrag. Für Kryot jedoch sind Graffiti noch immer ein Medium der freien Gestaltung und des persönlichen Ausdrucks im städtischen Außenraum, dessen einmalige Erfahrung sich allein im direkten Austausch mit dem Ort und fernab aller Regeln und Vorgaben entfalten kann.

Kryot works spontaneously – he doesn’t use sketches or preconceives concepts of images to transfer them outdoors, which would seem rather unnatural to him, as a concrete location always feeds him with enough ideas and inspiration during painting. His rather simple and sometimes small interventions at abandoned or obscure places, at entrances, crossovers or intersections besides the typical “Halls of Fame” are thus signified by their site-specific and individual character.
Starting in the mid 1990s, Kryot is part of the first generation of graffiti writers in Austria. In 1996 he visited the legendary “Wildstyle Shop” in Berlin – one of the first stores offering an assortment of writing supplies in a container, which impressed him a lot. At this time he still needed to travel to or order stuff from abroad to get recent illustrated magazines from the US or material for spraying. At the beginning, Kryot mainly experimented with the classic writingstyle figurations of the letters of his name which he derived from the album title of a hip hop band in order to create a preferably unique word. During his numerous collaborations with other artists – especially his work with Mamut founded in 1999 as the collective Cancontrollers – Kryot’s individual style was enhanced and refined. Whereas they started with the combination of Mamut’s characters with Kryot’s style-letters, they later worked mainly on developing motifs together. The exchange of opinions on and experiences of graffiti culture also shaped Kryot’s critical position against widely spread and gridlocked clichés, codes or generally accepted “rules” concerning the production of graffiti. He refuses to use standardized material and typical techniques, like specialized cabs, particularly produced spray can paint or commercially instrumentalized graphical schemata. Instead Kryot creates amorphous, abstract and ambiguous, colorful forms directly on site. His style as well as his choice of materials (latex and acrylic paint) mainly have been influenced by several trips to Brasil and Venezuela since 2002, where Kryot discovered a new diversity of usable materials and motifs and an artistic freedom besides Graffiti mainstream.
Some of the writers of the 1990s nowadays mainly work indoors, on canvases or on commission. For Kryot, graffiti still remains a medium of free expression and personal creation in urban space whose unique and special experience can only be found in intuitive and immediate exchange with the site far away from all rules or preconceptions.

cancontrollers.net

Text: Elisabeth Fritz